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Ein Reisebericht

Der Letzte, dem man hier zu begegnen erwartet, ist His Royal Highness Charles, der Prince of Wales. Nicht ihm persönlich, natürlich. Aber seinen Spuren. Auf diese stößt man immer wieder in den und rund um die


Kirchenburgen in Siebenbürgen

Es sind nicht allein die familiären Beziehungen zu seinen transsylvanischen Vorfahren [1], die seine Affinität zu den Kirchenburgen erklärt. Es ist des traditionsbewußten Architekturliebhabers vitales Interesse am Erhalt dieser weltweit einmaligen Baudenkmäler einer vergangenen Epoche. Deshalb hat Charles die Schirmherrschaft des Mihail Eminescu Trusts übernommen, dessen Satzungszweck die Erhaltung des Kultur- und Naturerbes in Rumänien ist, vorrangig in Siebenbürgen.

Sieben Mal war Prince Charles in den vergangenen 20 Jahren als Privatmann in Siebenbürgen. Die Liste der von ihm u.a. besuchten Kirchenburgen liest sich wie ein Auszug aus unserer Reiseroute:

Deutsch-Weißkirch (Viscri)

Meschendorf (Meşendorf)

Malmkrog (Mălâncrav)

Keisd
(Sachiz)

Birthälm
(Biertan)

Deutsch-Kreuz
(Criţ)

Arkeden
(Archita)

Das wussten wir nicht, als wir am 17. September 2014 nach Siebenbürgen aufbrachen. Unser Fokus lag auf den sieben Kirchenburgen, die das "Gütesiegel" UNESCO-Weltkulturerbe tragen.



Unser Weg zu den Kirchenburgen

Kirchenburgen[2] definieren sich durch eine oder mehrere Umwallungen, die vor äußeren Angriffen schützen und so der ortsansässigen Bevölkerung als Rückzugsraum und Verteidigungsstellung dienten sollten.
Wenn auch Kirchenburgen kein Alleinstellungsmerkmal für Siebenbürgen sind, so ist die Kirchenburg-Typolgie hier am deutlichsten erhalten geblieben.
Knapp 150 Kirchenburgen (inkl. der Wehrkirchen[3]) sind im ehemals deutschsprachigen Teil Siebenbürgens und im ungarischsprachigen Szeklerland in mehr oder weniger gutem Zustand überliefert.
Kirchenburgen also waren das Thema unserer Reise nach Rumänien, vorrangig die Weltkulturerbe-Kirchenburgen, weil diese am besten dokumentiert waren und von denen angenommen werden konnte, dass sie aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung die Besterhaltenen sein würden.

Die UNESCO-Weltkulturerbe-Kirchenburgen


Birthälm
(Biertan)

Dersch
(Dârjiu)

Deutsch-Weißkirch
(Viscri)

Kelling
(Câlnic)

Keisd
(Saschiz)

Tartlau
(Prejmer)

Wurmloch
(Valea Viilor)

UNESCO
Weltkulturerbe

Neben den sieben Weltkulturerbestätten hatten wir als Kontrastprogramm ('mal sehen, ob Unterschiede festzustellen sind') Besichtigungen weiterer Kirchenburgen vorgesehen, die auf oder in der Nähe unserer geplanten Route lagen, der Fahrstrecke also, die uns die Weltkulturerbe- Kirchenburgen vorgegeben hatten:


Straßburg
(Aiud)

Mühlbach
(Sebeş)

Reußmarkt
(Miercurea Sibiului)

Arbegen
(Agârbiciu)

Frauendorf
(Axente Sever)

Pretai
(Brateiu)

Malmkrog
(Mălâncrav)

Meschendorf
(Meşendorf)

Arkeden
(Archita)

Deutsch-Kreuz
(Criţ)

Hamruden
(Homorod)

Honigberg
(Hărman)
Damit hatte sich eine Strecke ergeben, auf der sich die Kirchenburgen über 300 km von Straßburg am Mieresch (Aiud) bis Tartlau (Prejmer) wie Perlen an einer Kette aufreihten.


ROT = Übernachtungsorte | VIOLETT = Weltkulturerbe-Kirchenburgen | GRÜN = sonstige Kirchenburgen

Nehmen wir die Erkenntnisse unserer Reise vorweg: Es macht keinen qualitativen Unterschied, ob Welterbe oder nicht.

Bis auf wenige Bauwerke, die aufgrund der Bemühungen einzelner Mäzene oder Organisationen fachgerecht restauriert wurden oder bei denen die Bausubstanz gesichert ist, sind die Kirchenburgen Siebenbürgens vom Verfall bedroht, wenn diesem nicht gar unwiderruflich preisgegeben. Die Mihail Eminescu-Stiftung spricht es aus: "The fortified Evangelical churches have been in decline since the mass exodus of the Saxon population leaving the smaller congregations without the means to maintain these spectacular structures."



Der bauliche Zustand der Kirchenburgen

Der trostlose Zustand rund um die Kirchenburgen ist das Resultat der Aussiedlung des deutschstämmigen Bevölkerungsteils in den 1980ern (10.000 DM für eine Ausreisegenehmigung) [4] und der nach der Wende in den 1990er Jahren einsetzenden massenhaften Auswanderungsbewegung.

Damit hatten sich die Dörfer von den mehrheitlich der reformierten und der unierten Kirche angehörenden Siebenbürger Sachsen entvölkert. Zurück blieben die Rumänen und einige wenige deutsche Alte.

Woher sollen die nunmehrigen Bewohner der Region als Angehörige der Rumänisch-Orthodoxen Kirche Interesse am Erhalt alter, größtenteils baufälliger deutsch-evangelischer Kirchen aufbringen?

Und die UNESCO? Ich hatte immer schon den Eindruck, dass dortseitig – sind die Welterbe-Titel vergeben – jegliches Interesse erlischt. Es sein denn, man kann Großstädte wie Köln oder Dresden in die Knie zwingen. Aber rumänische Dörfer in den Schluchten des Balkans? Budgets sind sowieso keine vorhanden. "Sollen die Rumänen doch zusehen. [5]

So unterschiedlich stellte sich uns die Situation dar:

Malmkrog (Mălâncrav)
zum Beispiel ist in einem bewunderungswürdigen Zustand, innen wie außen. Die das gesamte Kirchenschiff ausfüllenden Fresken sind restauriert, die Außenanlage ist gepflegt, die Burgwartin interessiert, hilfsbereit und auskunftsfreudig. Kein Wunder, denn Malmkrog steht auf der Prioritätsliste der Mihail Eminescu-Stiftung.
Weltkulturerbe ist es nicht.


Im Gegensatz hierzu das Weltkulturerbe
Bierthän (Biertan),
eigentlich die Visitenkarte Siebenbürgens. Der hölzerne Aufgang ist wegen Baufälligkeit gesperrt, der hintere Teil des Krchenschiffs ist nicht zugänglich, das berühmte Türchloß abmontiert. Frischer Putz und Farbe erwecken oberflächlich den Anschein des Restaurierten. Bei genauerem Hinschauen aber werden die vielen Schäden in der Bausubstanz sichtbar.

Für uns bedeutete das, dass wir ab dem zweiten Reisetag keinen Unterschied mehr in unserer Herangehensweise machten. Groß war natürlich unsere Neugier auf die Nicht-Kulturerbe-Kirchenburgen. Sofern sie betretbar waren, wurden wir nicht enttäuscht. Daß allerdings fünf Kirchenburgen für Besucher komplett geschlossen waren, empfanden wir als Ärgernis.

Andersweitige Bemühungen, die Kirchenburgen Siebenbürgens zu retten, versanden häufig genug. Bereitgestellte Mittel reichen nicht aus, Maßnahmen werden auf halbem Wege eingestellt, Zusagen werden nicht eingehalten und Überweisungen versickern in den Mühlen der rumänischen Bürokratie oder werden zweckentfremdet eingesetzt.

Aussicht auf Erfolg besteht allerdings bei der 2006 von der deutschen GTZ[6] eingeleiteten Zusammenarbeit mit der "Leitstelle Kirchenburgen" der Evangelischen Kirche AB in Rumänien, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) Mittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro für die Sanierung von 18 Kirchenburgen sowie deren Erschließung für den Kulturtourismus beantragt haben.

Wie allerdings auch hier der Hl. Bürokratius sein Unwesen treibt, geht aus dem Text der Website hervor:
"Die Erarbeitung der notwendigen Unterlagen war ein aufwändiger Planungs- und Koodinierungsprozess und dauerte rund 10 Monate. Der Antrag umfasst über 1100 Seiten sowie zusätzlich 18 Aktenordner mit Planungsunterlagen."

Ob die Bemühungen der "Leitstelle" und das Ergebnis in einer akzeptablen Relation zueinander stehen, das soll hier offen bleiben. Hingewiesen sei allerdings auf den Bericht "Aktuelle und abgeschlossene Bauprojekte", in dem bis 2009 über gerade einmal 100.000 € Rechenschaft abgelegt wird, investiert in Dacherneuerung und –sicherung an 22 Objekten. (Von denen keines auf unserer Route lag).

So sind die Arbeiten hier dokumentiert:





Besiedlung und Exodus

Auch zu diesem Bericht gilt: Das hier ist keine Geschichtsstunde. An dieser Stelle sollen nur die wesentlichen Ereignisse Erwähnung finden, die dem Verständnis der derzeitigen Situation der deutschen Bevölkerung dienen. Einen guten, gerafften Überblick hierzu vermittelt die Gutenberger Zeitung.
Siebenbürgen in Rumänien heute Vor ca. 900 Jahren wurden Deutsche aus dem Rhein-Mosel-Gebiet, vor allem aus den Erzbistümern Köln und Trier, um den östlichen und südlichen Teil des Karpatenbogens urbar zu machen. Das gelang in kurzer Zeit, weckte jedoch die Begehrlichkeiten von Mongolen und Tataren, die die wehrlose Bevölkerung überfielen und das Land verwüsteten. Um sich gegen diese überfälle zur Wehr setzen zu können, wurden Wehrkirchen gebaut, die im 13. und 14. Jahrhundert nach und nach mit Mauerringen umgeben wurden. Die Kirchenburgen waren entstanden.

Unter wechselnden Herrschaften lebten die Nachkommen der rheinischen Siedler bis ins 20. Jahrhundert in guter Nachbarschaft mit Ungarn und Rumänen. Unklar ist bis heute, weshalb (und seit wann) diese Siedler "Sachsen" genannt wurden und ihre Nachfahren bis heute so genannt werden[7].


Der Bevölkerungsanteil der Deutschen in Siebenbürgen lag 1930 noch bei 10% (275.000) und 1941 bei 300.000. Aufgrund der von der Bundesrepublik finanziell begleiteten Familienzusammenführung (s.o.) reduzierte sich die Zahl der Deutschen bis zum Ende der Ceaucescu-Herrschaft 1989 auf 115.000. Nach der Wende verließen in den 1990er Jahren weitere 95.000 Deutsche Siebenbürgen. Heute leben nur noch 14.000 Deutsche in der Region.
(Eine alte Siebenbürgerin in Wurmloch erzählte uns, dass außer ihr nur noch fünf Deutsche im Dorf leben. Zu Beginn der 1990er Jahre seien es noch 300 deutsche Familien gewesen.)
Mit dem Wegzug der Deutschen wurden deren Hab und Gut entschädigungslos enteignet und auf die verbleibenden Rumänen übertragen.
Wie sehr sich die Mehrheitsverhältnisse verschoben haben, zeigt der Zensus von 2002: Rumänen 89,5%, Ungarn 6,6%, Roma 2,5%, Deutsche 0,5%, Ukrainer 0,3%, Andere 0,8%




Andere Volksgruppen

Schier ausweglos scheint die Lage derer zu sein, die sich selbst Ţigan (sprich Zigan) nennen. Die Stärke dieser Bevölkerungsgruppe liegt - je nachdem welche Interessengruppe gezählt oder geschätzt hat – zwischen 700.000 und 3.000.000. In Siebenbürgen ist sie omnipräsent:
alte Frauen und jugendliche Schönheiten mit langen Zöpfen, in die sie bunte Bänder geflochten haben,
unter breitkrempigen Hüten gestandene Kerle mit dicken Schnurrbärten. In Hermannstadt (Sibiu), Kronstadt (Braşov) oder Neumarkt (Tărgu Mureş) stehen sie an den Straßenecken und erteilen ihre Einsatzbefehle an "schwarzhaarige Frauen mit bunten Röcken" [8]
Ich gestatte mir, über die Wohnsituation der Ţigan in den Randgebieten der Kleinstädte und Dörfer nicht zu berichten. Nur soviel: Daß sich diese Menschen an die Fleischtöpfe Westeuropas drängen, kann niemanden verwundern, der das Elend vor Ort gesehen hat. Ob es allerdings im Interesse der Betroffenen ist, diese mit unserem Gutmeschentum zu konfrontierenn und sie zusammen mit anderen Ethnien in überbelegten Mietwohnungen unterzubringen oder ob man nicht sinnvoller vorginge, ihnen eine Lebensweise in ihrem Heimatland zu ermöglichen, die ihren Traditionen gerechter wird? Billiger für den deutschen Steuerzahler wär's allemal.

Überraschend war für uns der hohe ungarische Bevölkerungsanteil.
In Dersch (Darjiu) liegt der Anteil der Ungarnstämmigen bei 95%. In Sovata, unserem sechsten Etappenort, waren alle Beschriftungen, sei es im öffentlichen Raum oder im Hotel, zuerst in Ungarisch, dann erst in Rumänisch. Hier liegt der ungarische Bevölkerungsanteil ebenfalls bei 95%. Wie stark diese Gruppe in die rumänische Gesellschaft integriert ist und inwieweit die von der Regierung Ungarns ausgehenden Überlegungen, Auslandsungarn die ungarische Staatsbürgerschaft zu verleihen, das Zusammenleben erschweren, das haben wir nicht recherchiert.

Ungarische Jugendliche in Festtagskleidung



Ackerbau und Viehzucht
Wenn der Satz stimmen sollte "Rumänen sind von Natur aus keine Ackerbauern sondern eher Viehzüchter" (B. Hannover-Moser), dann erklärt das den verstörenden Eindruck einer versteppenden Landschaft. Soweit das Auge reicht: unbearbeiteter Boden, unterbrochen nur von einigen, wenigen Maisfeldern. Hin und wieder stößt man auf eine Schafherde. Gelegentlich sieht man Rinderherden.




Bildteil und Beschreibungen
Ich war lange unschlüssig, nach welchen Kriterien ich den Bildteil ordnen sollte. Mehrere Möglichkeiten boten sich an, für jede hätte es gute und nachvollziehbare Gründe gegeben: alphabetisch oder nach Weltkulturerbe und Nicht-Weltkulturerbe alphabetisch getrennt , in chronologischer Reihenfolge unserer Besuche, nach Alter, nach Restaurierungsstand oder nach erfolgter Innenbesichtigung? Sollte ich die Kirchenburgen, zu denen wir keinen Zugang erhielten, außen vor lassen?
Im Verlauf der Arbeit an dem Bericht stellte sich die chronologischde Reihenfolge als die sinnvollste heraus. Mit jeder neuen Besichtigung wuchsen unsere Erkenntnisse und schärften sich unsere Bewertungskriterien. Beides führte zu sich verändernden Bewertungen, die sich in den begleitenden Texten niederschlagen.
Die hier folgende alphabetische Reihenfolge dient der besseren Auffindbarkeit in Orts- oder sonstigen Registern.
Arbegen (Agârbiciu) Ø
Arkeden (Archita) M
Birthälm (Biertan)W
Dersch (Dârjiu) W
Deutsch-Kreuz (Criţ) Ø
Deutsch-Weißkirch (Viscri) W
Frauendorf (Axente Sever)
Hamruden (Homorod)
Honigberg (Hărman)
Keisd (Saschiz) W
Kelling (Câlnic) W
Malmkrog (Mălâncrav) M
Meschendorf (Meşendorf) Ø
Mühlbach (Sebeş)
Pretai (Brateiu) Ø
Reußmarkt (Miercurea Sibiului) Ø
Straßburg (Aiud)
Tartlau (Prejmer) ØW
Wurmloch (Valea Viilor) W




Aiud (Straßburg am Mieresch)
Agârbiciu (Arbegen) Ø
Archita (Arkeden) M
Axente Sever (Frauendorf)
Biertan (Birthälm) W
Brateiu (Pretai) Ø
Câlnic (Kelling) W


Criţ (Deutsch-Kreuz) Ø
Dârju (Dersch) W
Hărman (Honigberg)
Homorod (Hamruden)
Mălâncrav (Malmkrog) M
Meşendorf (Meschendorf) Ø
Miercurea Sibiului (Reußmarkt) Ø


Prejmer (Tartlau) ØW
Sachiz (Keisd) W
Sebeş (Mühlbach)
Valea Viilor (Wurmloch) W
Viscri (Deutsch-Weißkirch) W


Mit einem Ø gekennzeichnet sind die Kirchenburgen, zu denen wir keinen Zutritt gefunden haben, sei es, weil die Türen zugemauert oder verschlossen waren und kein Hinweis vorhanden war, wo wir einen Schlüssel hätten bekommen können oder weil wir die angegebene Hausnummer nicht gefunden haben oder weil der Burgwart nicht zu Hause war.
Die Weltkulturerbe-Kirchenburgen sind mit dem W gekennzeichnet
Mit M versehen sind die Kirchenburgen, deren Restaurierung maßgeblich vom 'Mihai Eminescu-Trust' finanziert wurde oder wird.


Noch ein Hinweis: Kunsthistorische Bescheibungen wurden in der Regel offen zugänglichen Quellen entnommen. Diese Texte sind kursiv dargestellt und mit einem Link zu der Quellen versehen.



Die Kirchenburgen
in der chronologischen Abfolge unserer Tour
Straßburg am Mieresch (Aiud)
Es war unser erster Reisetag und die Kirchenburg von Aiud war die erste Begegnung mit unserem Reisethema.




(A = reformiert-lutherische Kirche; B = spätgotische, reformiert-calvinistische Kirche; C = Toreinfahrt; D = Wirtschaftsgeäude; E =Pfarrhaus; F, G = Nebengebäude; 1 -9 = Wehrtürme)
Das Zentrum des 25.000 Einwohner zählenden Kleinstädtchens dominierend, beeindruckte uns die Burganlage, die eine massive Wehrhaftigkeit ausstrahlte. Die Anlage dieser Zitadelle läßt sich auf das Jahr 1293 datieren. Der Mauerring hat die Form eines ungleichmäßigen Pentagons mit einem Umfang von 350 Metern. Ein mehrere Meter hoher Mauerkranz, mit neun Wehrtürmen verstärkt, vermittelt den Eindruck der Unbezwingbarkeit. Die Türme standem in der Obhut der Zünfte, die sowohl für deren Verteidigung als auch für den Unterterhalt verantwortlich waren.
Groß war die Enttäuschung, als wir den Burghof betreten hatten und den schlechten Zustand der Gebäude sahen. Es übten zwar einige Handwerker diverse Tätigkeiten aus, wir hatten aber nicht den Eindruck, als ob hier systematisch und zielgerichtet gearbeitet würde.
Die große, spätgotische, reformiert-calvinistische Kirche der ungarischen Minderheit war ebenso wie die kleinere reformiert-lutherische Kirche verschlossen. Auf Befragung zogen die Handwerker die Schultern hoch und schüttelten die Köpfe. Der Rundgang war alles, was übrig blieb.
Mehr als bedauerlich war dies besonders wegen der gotischen Kirche, die Jahrhunderte lang gemeinsam von Deutschen und Ungarn genutzt wurde und die im 19. Jahrhundert die Bischofskirche aller reformierten Gemeinden Siebenbürgens war.
Ab jetzt, so dachten wir, kann's nur besser werden.






Mühlbach (Sebeş)
Nun, unsere erste Kirchenburg in Aiud (Straßburg am Mieresch) hatte uns nicht gerade begeistert. Also waren wir gespannt auf das zweite Exemplar in Sebeş (Mühlbach). Und schon wieder nichts als Enttäuschung, als wir bemerkten, daß die Kirchenburg im Zentrum des 30.000-Einwohner-Städtchens lag. Hatten wir das mit der "Burg" zu wörtlich genommen oder unsere Vorstellungen von einer mittelalterlichen Burg fälschlicherweise auf Siebenbürgen projiziert?
So lag unser erstes Bemühen im Auffinden eines Parkplatzes. Sehen wir's positiv: Eine solche Suche ist gleichzeitig eine intensive Stadtrundfahrt. Zugegeben, gefallen hat's uns.
Schließlich fanden wir einen Parkplatz vor der ehemaligen deutschen Schule mit dem Fassadenmotto
. Versprechen oder Drohung?
Doch war uns die Zeit davongelaufen. Wir kamen erst um 5 nach 12 zur Kirchenpforte. Doch das Glück stand uns zur Seite. 'Kirchenwart' war ein Zehnjähriger, der im Langhaus mit seinem Hündchen spielte. Ihn zu überreden, uns ein wenig Zeit zu schenken, war eine leichte Übung.


"Im 12. Jh. begannen die deutschen Siedler mit dem Bau einer romanischen Basilika. Diese wurde während des Mongolensturms 1241/42 zerstört und anschließend im Stil der Gotik wieder aufgebaut. Sie wurde wehrbar gemacht und mit einer Ringmauer gesichert. In einer wirtschaftlichen Blütezeit in der zweiten Hälfte des 14. Jh. entstand ein eindrucksvoller Chor. Mitte des 15. Jh. fiel Mühlbach für knapp 40 Jahre unter türkischen Einfluss. In den folgenden Jahrhunderten nahm die Bedeutung der Landwirtschaft für die Bewohner ab und Mühlbach entwickelte sich zu einem Zentrum für Handwerker, welche auch eifrig an der Kirche weiterbauten. Ein Rückschlag erfolgte während des Ersten Weltkrieges: Die Kirchenglocken wurden konfisziert und für die Rüstungswirtschaft eingeschmolzen. Erst 1925 konnten sie ersetzt werden." Quelle



Kelling (Câlnic) W


Quelle Siebenbürgen-Institut Archiv

Welch ein Unterschied: Kelling, unsere dritte Station nach Straßburg am Mieresch und Mühlbach ließ wieder Hoffnung aufkommen. Sauber, gepflegt, geordnet, mit einem Burgwart, dessen Hauptaufgabe darin zu bestehen schien, zwei Lei pro Besucher zu kassieren. Außer Hinweisen, welches Gebäude wo steht und welchem Zweck dient und daß Museum und Souvenirshop geöffnet seien, war von ihm nichts zu erfahren. Das Wenige immerhin in Deutsch. (Das, erzählte er, habe er in Ravensburg gelernt, wohin er bald wieder zurück möchte.)


"In Kelling ist eine der letzten Gräfenburgen Siebenbürgens erhalten geblieben. Sie wurde um 1270 als befestigte Anlage mit Wohnturm, Ringmauer und Turm mit Zugbrücke errichtet. Auf Grund der häufigen Angriffe aus osmanischen Gebieten wurde der Turm mit einer Wehrplattform ausgestattet. Nach der Übernahme der Burg durch die sächsische Gemeinde wurde sie mit einem zweiten Bering und einem Südturm ausgebaut. Für den Belagerungsfall wurden auf der Innenseite Wohn- und Vorratskammern an den Bering angebaut, von denen sich nichts erhalten geblieben ist.

Ergänzt wurde die Anlage Ende des 15. Jahrhunderts durch eine kleine Saalkirche mit halbrunder Apsis. Beim Bau des zweiten Berings wurde der Wassergraben zugeschüttet und die Zugbrücke durch einen mit einem Fallgatter gesicherten Torbau ersetzt. Heute wird die Anlage von einem Verein der Universität Klausenburg verwaltet.

Im Innern des Wohnturms gibt es heute ein Museum, das einen Eindruck über das Leben und die lokalen Traditionen der Siebenbürger Sachsen vermittelt."
Quelle





Reußmarkt (Miercurea Sibiului) Ø
Reußburg nun war wieder eine neue Erfahrung. Eine verschlossene Kirchenburg hatten wir noch nicht erlebt. Zuerst das verfallene Straßburg), dann die zwar schöne Kirche aber fehlende "Burg" in Mühlbach und danach das zwar gut restaurierte, säkulare Kelling. Nun die verschlossene Kirchenburg von Reußmarkt.
Diese liegt fernab der Durchgangsstraße an der Schmalseite des verschlafenen Marktplatzes, der mehr den Eindruck eines Exerzierfeldes erweckt. Nur ein einsamer alter Mann hockte an der Allee, die auf die Kirche zuführte. Ansonsten kein Leben weit und breit, kein Hinweisschild, keine sich öffnende Türe. Also sind wir einmal um den Bering geschlichen, haben das obligatorische Foto gemacht und sind bedauernd weitergefahren.




"Von der Mitte des 13. Jahrhunderts errichteten romanischen Basilika blieben der Grundriss, vier der Pfeiler des Mittelschiffs und der Westturm erhalten. Die Seitenschiffe wurden vermutlich 1456 erhöht. Zu diesem Zeitpunkt wird wohl auch der romanische Turm in den neuen Kirchbau integriert und das Südportal mit einer gotischen Einfassung versehen. Aus dem alten Chor stammt ein bemaltes Gestühl mit der Jahreszahl 1679. Die Seitenschiffe wurden verlängert und das Gewölbe erneuert, während die flache Decke des Hauptschiffs durch ein Tonnengewölbe mit auf massiven Pilastern ruhenden Gurtbögen ersetzt wurde. Der Grundriss des Berings und die Existenz eines innen liegenden Torturms könnten ein Hinweis darauf sein, dass der Bering die Kirche von Anfang an umgeben hat und dass er erst später zur Anpassung an die Feuerwaffen des 15. und 16. Jahrhunderts erhöht und mit Schießscharten und Maschikuli ausgestattet wurde. Damals wurden auch die gewölbten Vorratskammern an die Mauern angebaut. Über die gesamte Länge der mit Strebepfeilern verstärkten Mauer verläuft im Innern ein Wehrgang auf hölzernen Hängeböcken. Östlich des Torturms wurde im 15. Jahrhundert das unterkellerte, eingeschossige Pfarrhaus errichtet." Quelle (Auszug)




Arbegen (Agârbiciu) Ø


Arbegen war eigentlich nicht als Station vorgesehen. Nicht, daß wir diese Kirchenburg als unwichtig angesehen hätten. Wir haben sie bei der Planung schlicht und einfach übersehen. Umso größer die Freude, an diesem neuen Reisetag eine zusätzliche Attraktion besichtigen zu können. Doch weit gefehlt. Als wir vor der Wehrmauer standen, lasen wir - Rumänisches. Was wir uns, da das Mauertürchen verriegelt war, als "Zur Zeit Zutritt nicht möglich" zusammenreimten.

"Die der Hl. Jungfrau Maria geweihte Saalkirche erhebt sich auf einer Anhöhe inmitten des Dorfes und stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1415, was auch gotische Stilelemente im Kircheninnern beweisen. Der von einem Kreuzgewölbe bedeckte Chor ist quadratförmig und wird nach Westen und Osten von Spitzbögen begrenzt, die zum Saal und zur Apsis führen.
Weil im Kirchhof der Rest einer profilierten Gewölberippe ausgegraben wurde, ist anzunemen, daß der Saal ursprünglich ein Rippennetzgewölbe besaß. Heute besteht die Decke aus einem einfachen Tonnengewölbe mit Stichkappen, das sich auf drei Pfeilerpaare stützt."
Quelle



Frauendorf (Axente Sever)
ENDLICH! Endlich standen wir vor einer veritablen Kirchenburg, wie sie unseren Vorstellungen entsprach und wie uns in der Vorbereitungslektüre suggeriert worden war, daß alle so oder ähnlich aussähen. (Oder hatten wir da einiges falsch verstanden?)
Hier standen wir nun vor einem dieser stillen, unbezwingbaren Zeugnisse einer jahrhundertealten Zivilisation. Inmitten eines winzigen Weilers und diesen an Wucht und architektonischem Glanz weit überstrahlend. Und wir lernten: Frauendorf, das weder Weltkuturerbe ist noch vom Mihai Eminescu-Trust gefördert wird, ist ein Musterbeispiel nicht nur für nachhaltige Bestandsbewahrung sondern für attraktive, wertschöpfende Restaurierung aus Mitteln der 'Deutschen Bundesstiftung Umwelt'.




"Die urkundliche Ersterwähnung der Dorfkirche erfolgt im Jahre 1322. Die Kirche Allerheiligen stammt aus dem 14. Jh. und ist eine Saalkirche mit einem quadratischen Schiff und einem Chor mit fünfeckiger Apsis. Letzterer ist der älteste Teil der Kirche, er besitzt ein Kreuzgewölbe und wurde aus Bruchstein gebaut. Die Turmkanten wurden in Haustein gefasst.
Das Schiff hat ein Spitzbogengewölbe mit Schlußsteinen in Rosettenform. An der äußeren Westwand wurden vier Strebepfeiler errichtet, die ursprünglich wohl bescheidenere Ausmaße besaßen.
Die Frauendorfer Kirche gehört zu den wenigen Kirchen in Siebenbürgen, bei denen der Glockenturm auf dem Chorquadrat steht, (ähnlich Arbegen (Agârbiciu), Salzburg (Ocna Sibiului) und Neppendorf (Turnisor)). Das Chorquadrat wird gegen Saal und Apsis von zwei mächtigen Spitzbögen aus Stein abgegrenzt. Das Gewölbe dazwischen ist aus Ziegeln gebaut, darüber erheben sich die drei Geschosse des Turmes, der oben von einem Wehrgang abgeschlossen wird. Im 14. Jh. wurde an der Südseite des Chors eine Kapelle hinzugebaut, die im Osten eine halbrunde Apsis aufweist.
Der eiförmige Bering wurde zugleich mit der Wehrbarmachung der Kirche aufgebaut, er ist 6 bis 8 m hoch und mit Pechnasen, Zinnen und Strebepfeilern ausgestattet. Der Wehrgang befindet sich über den Vorratskammern, aus denen man durch Klapptüren nach oben gelangen kann."
Quelle



Da für Frauendorf eine ausführliche Dokumentation der von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) initiierten Rekonstruktions-und Revitalisierungsmaßnahmen vorliegt, wird der gesamte Text hierhin übernommen:

unrestaurierter (oben) und restaurierter (unten) Zustand des umlaufenden Ganges
"Stellvertretend für viele vom Verfall bedrohte Kirchenburgen wurde für Frauendorf ein exemplarisches Restaurierungskonzept entwickelt und umgesetzt. Die historische Substanz war durch fehlende Pflege und Wartung der Gebäude und durch jahrzehntelange Umweltbelastung durch die Emissionen benachbarter Industrien erheblich geschädigt. Kurzfristige konservatorische und restauratorische Maßnahmen waren dringend erforderlich. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen von Baumaterialien und Schadensursachen wurde ein Restaurierungskonzept erstellt, das die handwerkliche Umsetzung mit den begrenzten örtlichen Ressourcen genauso wie die Dokumentation der Untersuchungen und Maßnahmen beinhaltete.
Die geplanten Restaurierungsmaßnahmen für die Kirche wurden exemplarisch an der Kapelle umgesetzt, die Ringmauer gesichert und ergänzt. Zudem wurden an verschiedenen Stellen Putzmuster angelegt, um die Eignung der getesteten Materialien über einen längeren Zeitraum beurteilen zu können. So werden Empfehlungen für weitere Bauabschnitte in Frauendorf und für die Restaurierung anderer Kirchenburgen möglich.
Den beteiligten einheimischen Handwerkern wurden traditionelle restauratorische Arbeitstechniken vermittelt, mit dem Ziel den Gesamtcharakter des Ensembles und die schützenswerte Substanz so weit wie möglich zu bewahren. Dadurch sollte das Bewusstsein für Umwelt- und Denkmalschutz der einheimischen Bevölkerung geschärft werden.
Das Konzept sah eine behutsame Herangehensweise vor, die in erster Linie die historische Substanz erhalten sollte. Leider musste ein Teil der Kornkammern nach einem Einsturz rekonstruiert werden. Dies erfolgte weitgehend unter Verwendung denkmalgerechter Materialien und Arbeitstechniken: Natursteinfundamente, handgemachte Ziegel, Fenster- und Türstürze aus Eichenholz, einzeln angepasste Dachsparren.
Die Nutzung der Nordgaden als Gästezimmer und Museumsräume trägt dem zunehmenden touristischen Interesse an den rumänischen Kirchenburgen Rechnung.
Die verbliebenen Kornkammern auf der Nordseite, die nun Museumsräume sind, wurden unter Erhalt der Originalsubstanz behutsam restauriert. Die Raumaufteilung konnte erhalten bleiben, es wurden lediglich Durchgänge für die museale Erschließung geschaffen. Als besondere Attraktion für das Museum wurde ein Teil des ehemaligen Wehrgangs nach dem Vorbild anderer Kirchenburgen als Teil des Museumsrundgangs rekonstruiert." Quelle

Die junge, deutschsprechende Rumänin, gleichzeitig "Burgwartin" und Herbergsmutter, wollte uns partout überreden, eine Nacht in einem der einfach aber proper und nett eingerichteten Gästezimmer zu bleiben. Der Preis von € 20,00 hätte uns schon gereizt. Aber wir waren im Hotel in Hermannstadt angemeldet.





Wurmloch (Vilea Viilor) W




Gleich der nächste Höhepunkt schloß sich an. Und zum ersten Mal waren wir nicht die einzigen Besucher. Eine vierköpfige Gruppe ehemaliger Siebenbürger Sachsen unter Führung einer jungen Einheimischen besuchte gleichzeitig mit uns die Anlage.
Daß wir hier, bereits am zweiten Tag, die kurioseste Situation der gesamten Reise erlebten, war nicht abzusehen:
Möglicherweise sind wir aber auch zu nüchtern, zu abgebrüht, zu glatt, um die Verzückung nachempfinden zu können, mit die barfüßig daherkommende, junge Siebenbürgerin uns sechs Touristen animierte, ein Kirchenlied zu singen: Text und Weise nur ihr bekannt.
Mehr schlecht als recht füllten die Töne das leere Kirchenschiff, und allen war eine peinliche Berührtheit anzumerken. Aber unsere fröhliche Bauerntochter strahlte eine solche Begeisterung und inneren Frieden aus, das wir notgedrungen mitmachten. Wir, das sind wir natürlich und vier Abkömmlinge von Siebenbürgern, die erstmalig das Land ihrer Vorfahren besuchten und allem mit der entsprechenden Ehrfurcht begegneten.
"Und woher sind Ihre Vorfahren? Was machen Sie denn hier, wenn Sie nicht aus Siebenbürgen stammen?" Was soll man darauf antworten? Etwa: "Deutsches Erbe, Kunstgeschichte, Weltkulturerbe, allgemeines Interesse, kennen wir noch nicht, mal etwas anderes, dieses Jahr kein Mallorca, Besseres ist uns nicht eingefallen, nur so?" Oder müßte die Antwort anspruchsvoller ausfallen, z.B.: "Das Schicksal der Siebenbürger Vertriebenen ist uns wie dasjenige aller Vertriebenen - besonders in der aktuellen Situation der Ostukraine und des Nahen Ostens …." Wir entschieden uns für "nur so" und ließen ratlose Gesichter zurück. Wir begegneten der Vierergruppe noch in Bierthän und Mieresch - und jedes Mal vermied man Blickkontakt. Nur so, eben.

"Es wird angenommen, dass in den Anfängen in Wurmloch eine ältere romanische Kirche stand, von der Spuren unter dem Fußboden der Sakristei entdeckt wurden. Das Bauwerk besaß eine Länge von 10 m, war also nur halb so lang wie die heutige Kirche. Im Laufe des 14. Jh. wurde mit dem Aufbau einer Kirche im gotischen Stil begonnen, die sich bis heute erhalten hat und der Heiligen Maria geweiht war.
Die Saalkirche ist klein und verfügt über eine Decke mit einem komplizierten Rippennetzgewölbe, das sich auf sieben Wandpfeilerpaare stützt.
Die Kirchenburg wird von einer ovalen Ringmauer umgeben, die man von Westen her durch einen gewölbten Toreingang betreten kann, der mit einem Fallgatter versehen ist. Weitere drei Basteien verstärken den Mauerring in die anderen Himmelsrichtungen."
Quelle





Pretai (Brateiu) Ø


Nach dem enttäuschenden Arbegen), dem begeisternden Frauendorf, dem Weltkulturerbe Wurmloch und dem hübschen Kleinstädchen Mediasch (Mediaş) war's ja wohl auch wieder Zeit für einen Flop. Und so kam's. Verschlossen!

Aber immerhin: Ortsein- und -ausfahrt boten spannende Motive. Am Straßenrand bieten die Roma von Brateiu ihre Waren an.
Ihre Kupferschmiedearbeiten werden in 400 Jahre alter Handwerkstradition hergestellt. Die kunstvollen Fertigkeiten werden von den Vätern an die Söhne weitergegeben. Bis heute sichert die Arbeit den Familien ihnen ein gutes Auskommen.
Aber diese Szenen. Echtes Klischee! In solchen Momenten bedauert man wegen der nicht möglichen Käufe nicht nur, mit einem Mietwagen unterwegs zu sein, sondern man ärgert sich über die Scheu, den Freunden solche Motive nicht bildhaft vermitteln zu können.[10]




"Der Kirchenbau erfolgte zur Zeit der Hochgotik. Die Kirche ist dreischiffig und hat einen Glockenturm, der von den Seitenschiffen flankiert wird. Sie wurde im Laufe des 16. Jh. wehrbar gemacht. Bei dieser Gelegenheit wurde eine Reihe von Umbauten vorgenommen: der Chor erhielt ein Sternnetzgewölbe mit Tonrippen und darüber ein gemauertes Wehrgeschoß, das sich auf von Bögen abgeschlossene Strebepfeiler stützt. Dieses war über den Dachboden mit dem Glockenturm verbunden, der zum Wehrturm umgebaut wurde. Diese Umbauten haben den Ost- und Westteil der Kirche in eine richtige Festung verwandelt, verstärkt durch die Ringmauer, den Südturm und die Ostbastei.
Der Bering um die Kirche stammt etwa aus der Zeit ihrer Wehrbarmachung Anfang des 16. Jh. Er besteht aus einem einfachen, fast ovalen Mauergürtel, der sich dem unregelmäßigen Gelände anpaßt und im Norden als Steilhang zum Fluss abfällt."
Quelle




Birthälm (Biertan) W


"Die dreischiffige Hallenkirche wurde 1486-1524 an Stelle einer Vorgängerkirche gebaut und gilt als die letzte dieser Art in Siebenbürgen. Das spätgotische Bauwerk ist dem Gelände angepasst. Der Chor ist 18 m lang und wurde mit einem Netzgewölbe überdacht, nachdem vermutlich die alten Seitenschiffe Ende des 15. Jh. durch drei gleich hohe Schiffe ersetzt wurden. Bei der Wehrbarmachung der Kirche wurde über den Chor ein Wehrgang mit Gußscharten aufgezogen. Das Türschloß, das den Eingang zum Kirchenschatz versperrte, setzt gleichzeitig 15 Riegel in Bewegung. Die Wehranlage der Kirchenburg besteht aus drei Ringmauern, die Innenhöfe sind durch Tortürme miteinander verbunden. Der oberste Bering mit seinen vier Türmen stammt aus dem 14. Jahrhundert, der zweite war mit einem Wehrgang versehen und ist etwa so alt wie die Kirche, während die dritte Ringmauer mit ihren Wehrtürmen im 16.-17. Jahrhundert entstanden ist.Quelle



Der Hauptaltar ist einer der größten mittelalterlichen Flügelaltare Siebenbürgens mit 28 vorreformatorischen Bildtafeln, die - ungewöhnlicherweise - die Festtagsseite (die ausgeklappten Bildtafeln) das ganze Jahr über zeigen und die nur zu den hohen Festtagen (Weihnachten, Ostern und Pfingsten) geschlossen werden."
Quelle
Birthälm ist eines der Beispiele für das Versagen des World Heritage Committee. Den verbliebenen 70 von ehemals 1.250 Deutschen ist es unmöglich, die Mittel für eine generelle Restaurierung aufzubringen, ja nicht einmal für die laufenden Erhaltungsmaßnahmen aufzukommen.
Die rumänische Bevölkerung steht der deutsch-evangelischen Kirche gleichgültig gegenüber. Seitens des Staates ist nicht viel zu erwarten. Das Welterbekomitee aber verfügt bei insgesamt 779 Welterbestätten nur über einen Etat von vier Millionen Dollar. Man ist also auch hier auf Mäzene oder Stiftungen angewiesen.

Geradezu rührend sind die Bemühungen, außerplanmäßig Gelder zu beschaffen. Zur Zeit wird an dem hölzernen Glockenturm gewerkelt. Die verwitterten Schindeln werden nach und nach durch neue ersetzt. Und die alten, verrotteten werden den wenigen Touristen für 1 Lei das Stück angeboten. Das sind gerade einmal 0,25 €.




Malmkrog (Malâncrav) M
Wenn man die Abzweigung in Großlasseln (Laslea) gefunden und die Ţigani-Siedlungen hinter sich gelassen und dann 12 km Einsamkeit durchfahren hat, dann steht man vor dem Besten, das Siebenbürgen in unserer Zeit zu bieten hat: die Kirchenburg von Malmkrog.
Die Michai Eminescu-Stiftung und gewiß auch die Begeisterung HRH Prince Charles, haben hier in Malmkrog ein absolutes Kleinod wieder auferstehen lassen. Und da dieses Schatzkästlein so weit abseits der Touristenrouten liegt und weil deshalb - besonders im Spätherbst - so wenig Interessierte den Weg hierher finden, deswegen haben wir bei der Burgwartin einen schieren Freudenausbruch verursacht, weil wir abends um Fünf ihre Dienste in Anspruch nehmen wollten.
Ihr Erzählen von den guten alten und den schlimmen Ceaucescu-Jahren und den traurigen Zeiten danach, als das Dorf so viele deutsche Bewohner und sie ihre Freunde verlor, wollte kein Ende nehmen. Und doch war der Stolz herauszuhören, als sie von dem immer noch deutschsprachigen Gottesdienst und der deutschen Grundschule berichtete (s.u.). Heiter sei sie und voller Gottvertrauen sei sie, auch wenn sie in ihrem Alter von der Zukunft nicht mehr viel zu erwarten hoffe.


"Zum ersten Mal erwähnt wird die Malmkroger Kirche im Testament des Nikolaus Apafi. Ein anderes wichtiges Dokument stammt vom Papst Martin V. im Jahr 1424, der der Heilig-Blut-Kapelle zu Malmkrog das Recht verleiht, Ablassbriefe zu erteilen. Diese Kapelle, die neben der Marienkirche stand und den nach der Reformation übrig gebliebenen Katholiken als Kultraum diente, steht heute nicht mehr. Die dreischiffige Basilika mit dem Glockenturm wurde in der ersten Hälfte des 14. Jh. gebaut und um 1400 im gotischen Stil umgebaut. Das heutige Aussehen verdankt sie einer großzügigen Restaurierung zu Beginn des 20. Jh. Das Hauptschiff trägt eine flache Decke und ist durch vier Spitzbogenarkaden mit den Seitenschiffen und einem spitzbogigen Triumphbogen mit dem Chor verbunden.



Der größte Reichtum der Malmkroger Kirche ist die Innenmalerei, das besterhaltene gotische Wandmalereiensemble des 14. Jh. Der Hauptteil der Fresken befindet sich auf der Nordwand des Kirchenschiffs und entstand um 1350. Der Chor wurde erst später gemalt, nachdem er umgebaut worden war. Die 53 Bildstreifen sind in 5 Register angeordnet und schildern die Schöpfungsgeschichte anhand des Alten und Neuen Testaments. Im oberen Teil werden Szenen aus dem Alten Testament und dem Leben Christi, eine ausführliche Entschläferung der Mutter Gottes sowie eine Reihe von Heiligen dargestellt.

Die einfache Ausdrucksweise, der üblich weiße Hintergrund, die Thematik und Detailtreue jeder einzelnen Szene sind Kennzeichen des graphisch-volkstümlich-erzählenden gotischen Stils, der damals in Mitteleuropa sehr verbreitet war und besonders in kleinen Dorfkirchen ihren Niederschlag fand. Ähnliche Malereien haben sich in Hamruden (Homorod), Mugeni und Draas (Drauseni) erhalten, doch diese Stilrichtung finden wir auch bei Malereien in der Slowakei. Als Spender der Malmkroger Malerei gilt Johann Apafi.
Von der ursprüglichen Ringmauer sind nur ein einfacher Mauerring und die ersten Geschosse des Torturms übrig geblieben."
Quelle



Malmkrog, das größte der fünf Dörfer, die die Gemeinde Großlasseln bilden, gilt heute als das siebenbürgische Dorf mit der größten, deutschsprachigen Einwohnerschaft. Immerhin ca. 250 Siebenbürger Sachsen leben unter den knapp 2.000 Rumänen und 1.000 Roma. Es gibt noch eine deutsche Grundschule, in denen in zwei Klassen (1. und 2. bzw. 3. und 4. Schuljahr) unterrichtet werden.

Malmkrog, Zentrum; Foto links in hausforscher.de





Arkeden (Archita) M


Es war ein beschwerlicher Weg hierhin, nach Archita. Die ersten Kilometer auf der Fernstraße Schäßburg - Kronstadt ließen nicht erwarten, was ab Mureni auf uns zukommen sollte. Schon das zielgenaue Abbiegen in die Nebenstraße verlangte ein waghalsiges Bremsmanöver. Was dann folgte, war atemberaubend - im wahrsten Sinne des Wortes. Eine dichte, gelbe Staubwolke umhüllte uns, weil wir den Tacho nicht über die 25 klettern lassen konnten. Der sich auflösende Makadam-Belag und die massiven Schlaglöcher ließen eine höhere Geschwindigkeit nicht zu.
Endlich dann Arkeden, welches uns wie Arkadien vorkam. Breite Lehmstraßen, kleine, bunte, geduckte Häuschen, ein paar Hunde, ein Ziehbrunnen und ... DIE KIRCHENBURG.
Einen Parkplatz zu finden, war relativ einfach, den Eingang zur Burg zu finden auch. Aber wie reinkommen? Ein paar alte Männer lungerten vor einem "Café" herum, beäugten uns mit mäßigem Interesse und wiesen synchron mit dem Kopf in Richtung "Straße runter". Wir also "Straße runter", so weit, daß wir nicht mehr glaubten, daß ein Burgwart oder Schlüsselhalter in dieser Entfernung zum Eingangstörchen noch zu finden sei. Wir also wieder "Straße rauf". Jetzt saß vorm "Café" ein junger Mann, der in Deutschland Ingenieurwissenschaft studiert hatte. Sein Brot verdiene er als Dolmetscher für einen Mitarbeiter HRH Prince Charles, der ein Anwesen in Archida gekauft habe. Dieser Abgesandte des Thronfolgers komme zweimal im Jahr hierher, um nach dem Rechten zu sehen, und dann seien seine, des jungen Mannes Dolmetscherdienste gefragt. Nach welchem Rechten, wollten wir wissen. Naja, den Restaurierungsfortschritt an der Kirchenburg, der mit Mitteln des Mihai Eminescu Trusts (MET) finanziert werde und dessen Schirmherr Prince Charles sei. Und der Verdienst aus diesen beiden Monaten, sei das denn genug? Ja, schon, doch reich würde man dabei nicht. Und bestellte sich eine neue Fanta.
Uns brachte er dann zum Eingangstörchen in der Burgmauer und rief lauthals einen Namen. Und siehe da, das Törchen öffnete sich und im Türrahmen stand eine langmähnige, blonde, strahlende Fünfundzwanzigjährige im Blaumann und sagte "Willkommen in Archita, was können wir für Sie tun?"
Wie wir weiter erfuhren, hat Arkeden seinen blendenden Zustand nicht allein der finanziellen Unterstützung durch die Mihai Eminescu-Stiftung zu verdanken: Eine Gruppe deutscher CVJMer unter Leitung eines charismatischen jungen Hamburgers arbeitet seit sieben Jahren am Erhalt von Kirche, Burg, Pfarrhaus und Nebengebäuden.
Auf Vermittlung des YMCA verbringen internationale Gruppen von Freiwilligen hier ihre Ferienfreizeiten, um Hand anzulegen.


"Die Arkeder Kirchenburg steht inmitten der Gemeinde und ist gut erhalten. Sie wird von einer doppelten Ringmauer umgeben, von den neun Wehrtürmen stehen noch sieben. Inmitten der Burg befand sich eine dreischiffige romanische Basilika ohne Turm, die wahrscheinlich aus dem letzten Viertel des 13. Jh. stammte. Um 1500 wurde die Basilika in eine gotische Saalkirche umgebaut, wobei auch mit der Wehrbarmachung begonnen wurde.
Die Kreuzrippengewölbe der Seitenschiffe wurden dabei abgetragen. Nur im Nordteil der Kirche haben sich Reste zwischen Kirchenschiffmauer und Strebepfeiler erhalten. Von der alten Kirche stehen noch vier halbrunde Bogengänge, die jedoch zugemauert wurden, um das Hauptschiff zu schließen. Nach dem Abtragen der Seitenschiffe erhielt das Hauptschiff ein Wehrgeschoss. Wahrscheinlich im 14. Jh. und vor der Wehrbarmachung erhielt die Kirche im Westen einen Glockenturm angebaut, der im unteren Teil, zum Schutz des Erdgeschosses, von einer dicken Ziegelmauer umgeben war."
Quelle



Auf der Suche nach dem Haus mit dem Kirchenschlüssel

"Die doppelte Ringmauer hat die für das 16. Jh. typische rechteckige Form und verfügt über 7 der ursprünglich 9 Türme sowie einen Wehrgang an der Aussenmauer. Im inneren Bering stehen die Türme in den Ecken.
Die Ringmauer ist 7 m hoch und hatte in 4 m Höhe einen auf Holzkonsolen gestützten Wehrgang. Die Türme waren vom Innenhof über den Wehrgang oder einziehbare Leitern zugänglich."
<(Quelle wie oben)




Der auf den Kapverden geborene und in Hamburg aufgewachsene Luiz hat sich für drei Jahre nach Arkeden verpflichtet.
Zu seinen Sonderaufgaben gehört, auf Bitten des früheren Pastors[11] dreimal täglich um 9, 12 und 18 Uhr die Kirchenglocken zu läuten. Mit großem Wissen und Engagement führte er durch Kirche und Burganlage.

"Wenn Sie jetzt nach Dersch im Bezirk Harghita ins ungarische Sprachgebiet weiterfahren, dann fahren Sie vorsichtig. Die Straße ist nicht das, was man gemeinhin als Straße bezeichnet."



Dersch (Dârjiu) W
Wie recht er gehabt hatte, der junge Kapverde. Diese 15 km von Arkeden nach Dersch waren ein Höllenritt. Festgefahrener Lehmboden mit jahrzehntetiefen Fahrspuren von Pferdekarren, nur unterbrochen von tiefen wasservollen Auswaschungen. Gut, daß wir einen Mietwagen fuhren, beruhigend, daß wir Unterbodenschäden hatten versichern lassen und Dank an Renault für die Bodenfreiheit des Fluence.
Die Sorge, daß wir im Fall einer Panne stundenlang auf Hilfe hätten warten müssen, erfüllte sich nicht. Aber gesehen haben wir während der einstündigen Fahrt auch niemanden. (Wenn ich's zugeben darf: Mir machen solche Fahrereien unendlichen Spaß. Moni weniger.)

Geschafft! Nun lag sie vor uns die Weltkulturerbe-Kirchenburg Dârjiu mit ihren gotischen, aus katholischer Zeit stammenden Fresken zur Ladislaus-Legende. (Der Hl. König Ladislaus I. von Ungarn (St. László) verhinderte 1091 in einer entscheidenden Schlacht das weitere Vordringen des Turkvolkes der Kumanen in Europa und gilt in Ungarn als einer der Retter des Abendlandes.)
Vor die Besichtigung allerdings haben die Götter die Zweifel gesetzt. Zweifel darüber, wo ein unverschlossener Eingang sein könnte. Als einer gefunden war, ob man diesen benutzen dürfe, führte er doch in einen bewirtschafteten Bauernhof innerhalb des Berings. Zweifel, ob die herumwerkelnde Bauersfrau uns des Platzes verweisen würde. Doch alle Zweifel waren umsonst. Es gehört schließlich immer - wie auch hier - ein Stück Dreistigkeit dazu, einfach durch ein Tor einen Bauernhof zu betreten.



"Ursprünglich war die Kirche im romanischen Stil gebaut. In der zweiten Hälfte des 15. Jh. wurde sie im gotischen Stil umgebaut. Aus der ersten Hälfte des 16. Jh. stammten die halbkreisförmige mit Stichkappen versehene Gewölbe des Kirchenschiffs sowie des Chores, die auf Rippen in Netzform ruhen.
Diese Rippen stützen sich auf Konsolen und diejenigen im Chor sind mit symbolischen Reliefs verziert (ein Pelikan mit Jungen, die Sonne, den Mond, Masken und ein symmetrisches Pflugeisen, der was die Bautechnik und die Bestandteile anbelangt, vergleichbar mit den Pflügen jener Zeit aus Deutschland und Frankreich war).
Die Strebepfeiler stammen aus der gleichen Periode und sind durch Flachbögen verbunden, hinter denen ein Wehrgang auf Konsolen steht.
Der Bering ist viereckig. Seine Mauern sind 5 m hoch und mit Basteien verstärkt, die außerhalb der Mauern in den vier Ecken stehen."
Quelle









Keisd (Saschiz) W

Viel hat der Pastor von Keisd seinen sechs Schäflein in seiner Predigt zum 14. Sonntag nach Trinitatis zugemutet. Das Thema nach Lukas 17,11-19: Dankbarkeit. Dankbar sollen sie sein, dankbar, zu leben, dankbar, genug zum Leben zu haben, dankbar, gesund zu sein, dankbar, Familie zu haben und unter einer Regierung zu leben, die sie nicht mehr wie früher drangsaliert, weil sie unter einer anderen Maske auftritt.



Was ist hier anders, als - sagen wir in St. Aposteln in Köln? Dort wird nicht mehr von der Kanzel gepredigt. Ansonsten ist es genauso leer. Der entscheidende Unterschied ist aber, dass die Gemeinde (und wenn sie auch nur aus sechs Personen besteht) BEIEINANDER ist. In St. Aposteln hätten sich die Sechs über das gesamte Kirchenschiff verteilt. Symbolik?




"An der Stelle, wo vormals eine romanische Basilika stand, wurde 1493 eine große Wehrkirche gebaut. Gemäß der erhaltenen Urkunden, gewährte die Provinz Hermannstadt von 1494 bis 1525 eine Bauunterstützung für die Fertigstellung. Der Gemeinde wird sogar zwischen 1503 und 1507 ein päpstlicher Ablass erteilt, und in dieser Zeitspanne werden auf Ansuchen des Plebans Johann Polder keine Einquartierungen und Proviantlieferungen an das Kriegsvolk getätigt.
Der mächtige Kirchenbau aus Bruchstein ist eine spätgotische Saalkirche. Sie ist mit 22 Strebepfeilern umgeben. Der Saal ist breit und lang und der Chor dreiseitig geschlossen. Über Chor und Saal wurde aus Ziegeln ein Wehrgeschoss gesetzt, während die Sakristei zwei Geschosse besitzt, die sich über dem Sternge-wölbe erheben. Der Zutritt zum Wehrgeschoss erfolgt über zwei Treppentürmchen im Westen der Kirche. Der Wehrgang wird von Schildbögen getragen, die sich auf Strebepfeiler stützen und dabei die Gußscharten verdecken. Wehrkirche und Turm wurden mit einer starken Ringmauer umgeben, die fast vollständig verschwunden ist."
Quelle


Nach den unbeschadet überstandenen Schotter- und Lehmkilometern des Vortages war die heutige Fahrerei bis hier eine reine Erholung. Gut, daß wir nicht wußten, was uns im Laufe des Tages noch erwarten würde.




Deutsch-Kreuz (Criţ) Ø
Nur zehn Kilometer weiter südlich, unmittelbar an der Fernstraße 13, liegt der Weiler Deutsch-Kreuz. Zentral darin die Kirchenburg. Geschlossen. War ja auch wieder fällig. Konnte uns aber nicht besonders aufregen, denn erstens stumpft man gegenüber solchen Schicksalschlägen ab und zweitens hatten wir nach dem Gottesdienst in Keisd sowieso Zeit gutzumachen.

"Die klassizistische Saalkirche mit Chor und westlichem Glockenturm entstand zwischen 1810 und 1813 nach Abbruch des Vorgängerbaus, der erstmals 1270 erwähnt wurde.



Es wird vermutet, dass sie in einer Zeichnung auf einem mit 1793 datierten Gestühl in der Kirche dargestellt ist.
Die Ausstattung der Kirche, bestehend aus Orgelaltar, Kanzel und Taufbecken, stammt sowohl aus der ursprünglichen Bauperiode als auch von 1822.

Von den Wehranlagen des 15. Jh. hat sich der Bering mit vier Türmen erhalten, ein fünfter Turm stürzte 1925 ein und wurde nicht wieder aufgebaut. Auf der Südseite, am Rande des ehemaligen Zwingers, steht die heute nur noch als Ruine erhaltene alte Schule.

Die Kirchenburg des Dorfes Deutsch-Kreuz, in dem vor mehr als 400 Jahren das erste siebenbürgische Dorfschulrecht erlassen wurde, liegt auf einer Anhöhe innerhalb des Ortes. Diese Lage erforderte in der Vergangenheit einen Burghüter, der ein geschickter Handwerker, im besten Fall Schuster, sein musste. Der Aufstieg zum Gotteshaus ist etwas beschwerlich und führt über einen Weg aus runden Flußsteinen. Vor allem Frauen passierte es am Morgen des heiligen Sonntags häufig, dass ihnen auf dem Weg zur Kirche die Absätze, welche damals noch mit Hufeisen beschlagen waren, abbrachen. Deshalb musste an Ort und Stelle ein Schuster bereitstehen, der eilige Reparaturen vor dem Kirchgang durchführen konnte."
Quelle

Auf YouTube kursiert ein (nicht auf Objektivität prüfbares) Video, über die Restaurierungsarbeiten der letzten Jahre, in dem schwere Korruptionsvorwürfe erhoben werden.

Deutsch-Kreuz überließen wir nach dem obligatorischen Foto seinem Teifschlaf, durchquerten eine der ausufernden Ţigan-Siedlungen und machten uns auf den Weg zur nächsten Kirchenburg im nur 15 km entfernten Meschendorf.




Meschendorf (Meşendorf) Ø
In Deutsch-Kreuz hatten wir unser Schicksal der verschlossenen Türen tapfer getragen und uns auf Meschendorf gefreut.

Nach 15 km Fahrt auf schlaglochübersäter Straße, immer nach dem Motto: 'Kein Weg kann zu beschwerlich sein, am Ziel wartet die nächste Kirchenburg' sahen wir die Burg auf einem Hügel vor uns liegen. Als ob sie warten würde.





Aber weder auf uns wartete sie noch auf die dreiköpfige, rumänische Familie, die auf ihren Mountainbikes ratlos den Bering umrundeten und uns kopfschüttelnd zu verstehen gab, daß wir eigentlich gar nicht auszusteigen brauchten. Schade. Schon wieder nichts. Außer einem Erinnerungsfoto.


"1289 wird Meschendorf erstmals erwähnt. In einer Urkunde aus dem Jahre 1332 ist zu lesen, dass Meschendorf, wie auch Klosdorf und Deutsch-Kreuz, zu den Besitzungen der Kerzer Abtei gehört.
Es ist nicht bekannt, wann der Ort gegründet wurde, doch es ist anzunehmen, dass die Saalkirche mit Westturm und 14 Strebepfeilern Mitte des 14. Jahrhunderts entstand.
Der Saal hatte ursprünglich an Nord- und Südseite je drei Fenster, einen spitzbogigen Triumphbogen, Rippengewölbe und ein Portal im Erdgeschoss des fünfgeschossigen Westturms. Dieser ist auf den Angriffsseiten im Norden und Süden aus Stein und auf der Ost- und Westseite aus Holz. Saal und Chor werden um zwei Meter erhöht, so dass ein Wehrgeschoß mit Schießscharten und darüber ein auf hölzernen Hängeböcken vorgekragtes Wehrgeschoss mit Fachwerkwehrgang und Wurflöchern entsteht.
Ende des 15. Jahrhunderts entsteht auch der polygonale, etwa fünf Meter hohe Bering. Auf der Südseite ist der zum Teil auf hölzernen Hängeböcken und zum Teil auf einem Mauervorsprung in zwei Meter Höhe gelagerte Wehrgang noch zu sehen.
Meschendorf erhält 1552 und 1554 eine Unterstützung von je zehn Gulden aus der Kasse der Hermannstädter Provinz. Zu diesem Zeitpunkt entstehen wohl der massive, viergeschossige Fleischturm mit Fachwerkwehrgang und der zweite, äußere Mauerring im Westen, Süden und Osten. 1568 erhält die Gemeinde ihren Zehnten zurück, um damit die durch einen Brand beschädigte Kirche zu renovieren.
1653 wird der Flügelaltar aufgestellt. Auf den vier Flügeln sind Passionsbilder dargestellt. Das Gewölbe der Kirche mußte 1817 wegen Baufälligkeit abgetragen werden und wurde durch eine Balkendecke ersetzt. Das Wehrgeschoss wurde ebenfalls entfernt und das Dach auf die hölzernen Hängeböcke aufgesetzt. Zwei Schlußsteine des alten Gewölbes blieben erhalten, der eine ist mit einer fünfblättrigen Rosette, der andere mit einer Schwurhand geschmückt. Im Jahr 1888 wird die äußere Ringmauer rundum bis auf drei Meter Höhe beziehungsweise auf der Südseite sogar ganz abgetragen, die erhaltenen Baumaterialien werden für den Schulbau genutzt. Der Chor erhält im Jahr 1900 ein neues Ziegelgewölbe. 1958 wird der Südostturm wegen Baufälligkeit abgetragen und die Umfassungsmauer mit Ziegelmauerwerk wieder geschlossen."
Quelle



Deutsch-Weißkirch (Viscri) W


Wenn jetzt auch noch Deusch-Weißkirch geschlossen sein sollte und das nach dieser Schlaglochpiste, die uns mächtig durchschüttelte und keine Muße für die leere, aber schöne Landschaft ließ, dann - ja was dann? Aber war ja nicht. Bereits bei der Ortseinfahrt sahen wir die ersten Souvenir-Verkaufsstände, die sich dann, je näher wir der Burg kam, verdichteten. Wir konnten uns beruhigen: Burg geöffnet.
Nach steilem, mühsamen Anstieg zahlten wir gerne unsere paar Lei Eintrittsgeld. Zu unserer Freude besuchte zur selben Zeit eine Gruppe ehemaliger Siebenbürger Sachsen die Kirche. Wir profitierten nicht nur von einer kenntnisreichen Führung sondern genossen Gottes Lobgesang mit Schubert's unter-die-Haut-gehendem "Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr."


Zur aktuellen Situation heißt es: "Viscri liegt abgelegen von der Hauptstraße und ist nur über eine schlechte Schotterstraße zu erreichen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass es in Viscri fast keine Neubauten und nur wenig Autoverkehr gibt und sich die Siedlungsstruktur bis heute kaum verändert hat.
Das Dorf mit seinen sächsischen Höfen stellt ein Musterbeispiel eines sächsischen Dorfes mit Kirchenburg dar. Das geschlossene Ortsbild ist in seiner Art nur noch selten in Siebenbürgen anzutreffen. Die ehemalige Langgasse von etwa 1 km Länge und die beiden zur Kirchenburg abzweigenden Gassen (Kirchgasse und Neugasse) sind mit sächsischen Höfen bebaut. Meist zeigt die Giebelfassade der Wohnhäuser sowie die Toreinfahrten zur Straßenseite. Nach hinten haben die regelmäßig angeordneten Höfe zuerst Stallgebäude sowie zur Rückseite hin abschließend große Scheunen. An beiden Ortsenden findet man die Häuser der Rumänen, die im Baustil ähnlich, aber meist etwas kleiner sind und mit einem Kreuz an der Fassade verziert wurden.
Die heute rund 450 Dorfbewohner sind hauptsächlich Rumänen und Roma, seltener Ungarn. Die Geschichte des Dorfes hat durch den Exodus von 1989/90 eine bedeutende Zäsur erfahren. Die Epoche der Siebenbürger Sachsen neigt sich dem Ende zu.leben In Viscri leben heute nur noch etwa 15 meist ältere Siebenbürger Sachsen."
Quelle 1
"Es scheint, dass hier, um 1141-1162, vor der Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen durch Koenig Geza II., Szekler lebten, die eine Kapelle mit halbkreisförmiger Apsis aus weiß-grünlichem Kalkstein erbaut haben. Funde von Münzen und Schläfenringen, die in Gräbern in- und außerhalb der Kapelle ausgegraben wurden, stammen aus der Zeit von 1100-1120. Aus dieser Periode datieren auch die romanischen Würfelkapitelle, die im Chor der Kirche aufbewahrt werden. Eines davon wird als Taufbecken verwendet.
Diese Kapelle wurde der romanischen, später von den Sachsen gebauten Saalkirche einverleibt. Es wurden Umbauten vorgenommen und eine Westempore angebaut.
In der zweiten Hälfte des 13. Jh. wurde 4 m von der Kapelle entfernt ein Wohnturm für den Gräfen sowie eine ovale Ringmauer gebaut, die auch den Friedhof umschloss, der aufgegeben worden ist. Aus grauem Basalt gebaut, erinnert der Bergfried an die Wehrtürme von Kelling und Urwegen (Gârbova). Sein Erdgeschoss mit Tonnengewölbe hatte keinen Zugang, die Verbindung zu den oberen Geschossen erfolgte durch Treppenstollen in der Mauer."
Quelle2






Hamruden (Homorod)
Nach weiteren 10 Kilometern Schotterstraße und 20 Minuten Asphalt sahen wir, mächtig aus der Ebene aufragend, die Burg Rupea, an der ich - wie für alle Burgen - nur mäßiges Interesse zeigte. Wichtiger war die in kurzer Entfernung dahinter liegende Kirchenburg von Hamruden.
Selten haben wir eine solch kuriose, herzerwärmende Führung über uns ergehen lassen (müssen) nachdem wir endlich die Burgwartin im Dorf gefunden hatten. (Das schon bekannte Spiel: verschlossene Kirchentüren, kein Hinweis, an der nächsten Haustür klingeln und fragen, zuerst Unverständnis, dann Erleuchtung, nächste Tür, Glück gehabt.)
Unsere Cicerona war ein Sprachtalent: Rumänisch, Magyarisch, Säksich, Englisch, Französisch, Deitsch - oder was immer sie glaubte, was das wohl sei, das sie sprach. Wir haben sie verstanden. Und sie uns.
Ihre umwerfende Fröhlichkeit, ihr von keinen Sprachskrupeln belastetes Plappern, ihre unermüdlich sprudelnden Erläuterungen!
Aber allzu oft wird sie ihre Gaben nicht einsetzen können. Eine solche Begeisterung und Fürsorge kann man nicht dauerhaft und mehrmals täglich produzieren.


Foto: "Follow the Kittelschürze"; Aufstieg zum "Speckturm", der heute noch wie seit eh und je seine Funktion als Nahrungsspeicher erfüllt. Diese "Specktürme" findet man in fast allen Kirchenburgen.




"Im 13. Jh. begannen die Bewohner mit dem Bau einer in Siebenbürgen seltenen romanischen Saalkirche. Der Chor mit einer halbrunden Apsis öffnet sich nach Westen in einem runden Triumphbogen. Das Kirchenschiff ist sehr klein und hat im Westen einen Glockenturm mit einem kreuzgewölbtem Erdgeschoss als Vorhalle zu einem Portal, das aus drei halbkreisförmigen Bögen besteht.
Im zweiten Geschoss gab es einen halbrunden Bogen, heute zugemauert, durch den man auf die westliche Empore gelangte. Die Saalkirche besaß anfangs eine Holzdecke, die um 1500 durch ein gotisches Gewölbe auf vier angebauten Säulen ersetzt wurde.
Im Zuge der Wehrbarmachung wurden auf beiden Seiten des Glockenturms Anbauten errichtet. Im Südanbau steigt man über eine Wendeltreppe auf den Saaldachboden. Der Turm wurde nicht in Geschosse unterteilt, wohl aber mit Holzleitern versehen, die zum holzverschalten Wehrgang hinaufführten. Dabei wurde auch der mächtige Bergfried errichtet, der sich über Chor und Apsis erhebt, wobei der Triumphbogen mit Mauerwerk gefüllt und der Chor vom Kirchenschiff abgetrennt wurde.
Die erste Ringmauer aus dem 15. Jh. war rechtwinklig. Die mit Pechscharten versehenen Türme an den Ecken der Ringmauer waren durch einen auf Holzbalken gelegenen Wehrgang verbunden.Diese Burg wurde niemals eingenommen."
Quelle





Honigberg (Hărman)

Foto: octopuzz in Flickr

Und schon wieder Glück gehabt! Montags sind Kirchenburgen geschlossen. Wenn man's weiß, richtet man sich ein. Aber wer sagt's einem im Vorfeld?
Hier jedenfalls hatten es einer angemeldeten deutschen Reisegruppe zu danken, dass die Burgwartin die Türe aufschließen musste. Was natürlich nicht hieß, dass wir uns so einfach hätten anschließen können.
Schnell hatten wir gemerkt, daß heute für das Eintrittsgeld von zwei Lei nichts lief. Machen wir, dachten wir großzügig, zehn draus. Doch dafür stand uns nur ein gequältes Lächeln zu. Verdoppeln, ja? OK.
Doch was uns erwartete, dafür hätten wir gerne noch einmal verdoppelt!


"1240 übernahmen die Zisterzienser von Kerz (Carta) die romanische Basilika. Aus dieser Zeit haben sich die meisten Bauelemente bewahrt. Das Kircheninnere ist eigenartig, denn außer Elementen der Zisterzienser (Fenster mit Vierpassmaßwerk) gibt es auch Elemente anderer Baustile. Das Mittelschiff, ursprünglich flach gedeckt, wurde 1595 gewölbt, nachdem ein Brand Dorf und Kirchenburg verwüstet hatte. Die Seitenschiffe besaßen anfangs ein Kreuzgewölbe. Der halbrunde Triumphbogen wurde anlässlich der Wölbung des Schiffes mit einem Spitzbogen versehen.

Fotos aus Schöner Reisen
Das Südseitenschiff besitzt ein schönes spätgotisches Portal. Im Chor hat sich das ursprüngliche Kreuzgewölbe erhalten, die Apsisdecke hat die Form einer Halbkalotte. Zuerst wurden am Chor zwei Kapellen angebaut, die den Zisterziensern für Gebetübungen dienten. Im 15. Jh. wurde die Nordkapelle in eine Sakristei umgestaltet. Ihre Decke besteht aus einem Tonnengewölbe mit Stichkappen und Ziegelrippen.

Die Wehrbarmachung der Burg erfolgte auch hier im 15. Jh. Es handelt sich um einen dreifach konzentrischen Mauergürtel, ähnlich jenem in Petersberg (Sanpetru). Der niedrigere äußere Ring war nur 4 bis 5 m hoch und schützte den Mauerfuß des Innenrings. Gleichzeitig grenzte er den Wassergraben ab, der die Kirchenburg umrundete. Der letzte Bering, der sich jenseits des Wassergrabens befand, hat sich nicht erhalten. Der Innenring war 12 m hoch und mit sieben Türmen bewehrt. Der gesamte Bering war mit einem Wehrgang ausgestattet, der die Verbindung zwischen den Türmen herstellte. Hier wechselten sich mit Drehbolzen versehene Schießscharten und Gußlöcher ab."
Quelle


Um 1300 wurde innerhalb des Berings eine Kapelle errichtet. Diese wurde im 15. Jahrhundert zu einem Wehrturm ausgebaut und vollständig ausgemalt. Die vorreformatorischen Darstellungen wurden in den 1990er Jahren durch das rumänische Denkmalamt vollständig freigelegt und restauriert.



Das Besondere an Honigberg sind die an die Außenmauern der Kirche ange"klebten" Wohnungen der Dorfhonoratioren. Bei Angriffen suchten sie hier Zuflucht. Nach und nach wurden diese "Schwalbennester" ausgebaut und zum dauerhaften Quartier.





Tartlau (Prejmer) W

Tartlau sollte die letzte unserer Kirchenburgen sein, bevor wie in einem großen Bogen entlang des Karpatenrandes nach Sovata, unserer letzten Station, und dann nach Westen über Tărgu Mureş zurück nach Klausenburg fahren wollten. Jedoch: Es war Montag. Und Tartlau war geschlossen. So standen wir in strahlendem Sonnenschein vor den hoch aufragenden, weißen Mauern und haderten.
Kein Hinweisschild, kein Bedauern, nicht einmal die Ansage, daß montags geschlossen sei. Aber ein leerer, überdimensionierter Parkplatz für all die Touristen, die die Tartlauer Kirchenburg besichtigen kommen sollen.




"Der Deutsche Ritterorden war Herr über diesen Landstrich, und er war es, der im 13. Jahrhundert den ersten Teil der Tartlauer Kirche erbaute. Den Rittern ist der Anlageplan, einmalig in Siebenbürgen, in Form eines griechischen Kreuzes zu verdanken.
Die Mauern der dem Hl. Kreuz geweihten Kirche sind gerade einmal drei Meter hoch, als 1225 der Deutsche Ritterorden des Landes verwiesen wird. Wahrscheinlich wurden die Bauarbeiten nach 1240 fortgesetzt, als Koenig Béla IV. von Ungarn die Kirche wie auch jene von Honigberg, Marienburg (Feldioara) und Petersberg (Sanpetru) den Zisterziensern übergibt. Diese erstellen das Gebäude im Stil der burgundischen Frühgotik weiter, die hier von den Zisterziensern eingeführt worden war.
Rings um die zentrale, quadratische Vierung gruppieren sich die Kreuzarme, die von den für der Zisterzienserkirchen typischen sechsteiligen Gewölben bedeckt sind. Diese Steinrippen werden wie in Kerz (Carta)von Konsolen getragen. Die schmalen Spitzbogenfenster in der Chorwand wie auch die Radfenster mit Vierpassdurchbruch sind alle dem von den Zisterziensern verbreiteten Baustil verhaftet. Der 36 m hohe Turm über der Vierung muß später hinzugebaut worden sein, weil die Zisterzienserkirchen turmlos waren. Doch das Schmuckstück dieser Kirche ist der Flügelaltar, der um 1450 datiert ist und als ältester siebenbürgischer Flügelaltar gilt.
Weil Tartlau durch seine Lage in der Nähe des Bosauer Passes als erste Ortschaft den Überfällen der Türken ausgesetzt war, begann die Wehrbarmachung der Tartlauer Kirchenburg."
Quelle

"Eine 14 Meter hohe Mauer mit fünf Türmen wurde durch einen Zwinger und einen Wassergraben ergänzt. Eine Besonderheit sind die bis heute vollständig erhaltenen viergeschossigen Gaden mit den Wohn- und Vorratskammern und dem dahinter liegendem Wehrgang." Quelle


Um der Tartlauer Kirchenburg den ihr ob ihrer Imposanz und Außergewöhnlichkeit gebührenden Platz einzuräumen, habe ich hier - entgegen den Darstellungen der übrigen, geschlossenen Kirchenburgen, bei denen ich nur eine Außenaufnahme eingefügt habe - zusätzliche Bilder eingefügt. Auf daß Interessierte Tartlau unbedingt in ihr Reiseprogramm aufnehmen,
dienstags bis sonntags.

Braşov hatten wir an diesem strahlend schönen Herbstmorgen in 'high hopes' verlassen, denn dieser vorletzte Reisetag hätte eigentlich - so die Planung - mit den beiden außerordentlich imposanten und prägnanten Exemplaren der "Siebenbürger Kirchenburgen", Honigberg und Tartlau, einen abschließenden Höhepunkt unserer Reise bilden sollen.
Nun, et kütt wie et kütt. So kommt nun Honigberg die "Ehre der letzten Kirchenburg" zu.






Fazit N°1; Meine Erkenntnisse
  • Der Reisende

    Diese Reise ist nichts für allzu Introvertierte. Und auch nichts für diejenigen, deren hervorstechende Eigenschaft Zurückhaltung ist. Auch wer ängstlich ist, hat schlechte Karten.
    Improvisation wird verlangt. Offensives Zugehen auf Menschen, die keine uns geläufige Sprache sprechen. Klopfen an fremde Türen.
    Wer davor zurückschreckt, für den sollte Siebenbürgen Terra Incognita bleiben.
    Dabei wird man, wo immer man hinkommt, freundlich empfangen. Manchmal ist die Begrüßung sogar ungewohnt herzlich.


  • Das Auto

    Man sollte diese Reise nicht mit dem eigenen PKW durchführen, unsere Autos sind dafür nicht geschaffen. Die Fern- und Verbindungsstraßen sind in der Regel in gutem Zustand. Aber wehe, die Ziele (das sind fast alle) sind nur auf Nebenstraßen zu erreichen! Nach Archita z. B. geht's über 15 km Makadam der ersten Generation und purem Schotter, danach aber wird's richtig fürchterlich auf dem Weg nach Darjiu. Ein besserer Feldweg, durchfurcht von Fahrspuren der Pferdefuhrwerke. Höchstgeschindigkeit 15 km/h.
    Es sei denn, man fährt einen SUV. Aber diese sind begehrt. Und provozieren sollte man tunlichst nirgendwo. Also Rent-a-Car. Autos sind preiswert und in gutem Zustand zu mieten. Ein wesentlicher Aspekt: Wer klaut schon rumänisches Fabrikat mit rumänischem Kennzeichen? Und noch einer: Mietwagen kann man schon mal unter einer Laterne parken (so geschehen in Hermannstadt, weil man in der Fußgängerzone nicht bis zu den Hotels kommt oder so passiert in Kronstadt, wo man vor dem Hotel nicht einmal das Gepäck aus- und einladen kann). Oder wer läßt sein eigenes Auto vom Hotelpersonal auf einem finsteren Parkplatz am Fuß des Berges abstellen (so in Schäßburg, weil in der Altstadt das Parken generell verboten ist.) Wenn also Mietwagen, dann unbedigt gegen Glasbruch und Unterbodendefekte versichern. (Gründe: s.o.)


  • Die Unterkunft

    Man sollte davon absehen, sich in Innenstadt-Hotels einzuquartieren. Das ist zwar, wenn man einmal eingecheckt hat, bequem. Aber bis es soweit ist! In Hermannstadt mußten wir ca 500 m entfernt laternenparken. Und von dort die Koffer zum Hotel schleppen. Hilfe des Hotelpersonals? Fehlanzeige. Wie's in Kronstadt und Schäßburg war - s.o.
    Mehr Sinn macht es wohl, möglichst auf dem Land zu wohnen. Die Städte kann man sich auch in ein paar Stunden tagsüber erobern. So sähe unsere Entscheidung aus, sollten wir nochmals nach Transsylvanien reisen: An erster Stelle die Gästehäuser des Mihai Eminescu Trusts, die gut verteilt in der für den Besuch der Kirchenburgen wichtigsten Region liegen. Und unbedingt (mindestens) eine Nacht innerhalb der Kirchenburg von Frauenkirchen verweilen.


  • Die Gastronomie

    Heute schon gut gegessen? Oder wieder kein Glück gehabt? Der Versuch der Gastronomie, die einfache, bodenständige rumänische Küche so zu internationalisieren, daß man den vermeintlichen Touristengeschmack trifft, geht grundsätzlich schief. Das krasseste Beispiel eine Vorspeise: "Räucherlachs auf Toast". Was kam, waren zwei Scheiben Räucherlachs, mit dem Säbel geschnitten und als Beilage zwei Scheiben geräucherter Bauchspeck. Oder dieses Angebot hier: "Tagliatelle mit frischem Gemüse der Saison". Serviert wurde ein Teller mit warmem Schopska-Salat, daruntergehoben auf Zentimeterlänge kleingeschnittene Bandnudeln. Dann hätte man's auch gleich in den Mixer geben können. (Das Foto halten wir gnädig unter Verschluß)
    Wir wollen aber nicht verschweigen, daß wir in Braşov im Poarta Schei 4 ausgezeichnet gegessen haben. Sehr zu empfehlen auch die Wein- und Käseboutique "Comtesse du Barry" in Cluj. Es ginge also.


  • Die Vorbereitung

    Gut vorbereitet sollte man sein, besser als sonst üblich. Gutes Kartenmaterial ist obligatorisch, um die Nebenstraßen und Feldwege zu den Kirchenburgen zu finden. Als Handbuch leistete uns "Siebenbürgen" [9] gute Dienste. Nicht vollkommen, aber nützlich. Manches vermißt man, manche Schwerpunkte sind falsch gesetzt. Hotel- und Restaurantempfehlungen scheinen willkürlich. Hier bringt eine systematische Internetsuche bessere Ergebnisse.


  • Die Kirchenburgen

    Bleibt noch die Frage nach den Kirchenburgen, die man unbedingt gesehen haben sollte, Weltkulturerbe hin oder her. Und wie man es einrichtet, möglichst nicht vor verschlossenen Türen zu stehen.
    Dazu gibt's unter "Fazit N°2" wertvolle Ratschläge.



  • Fazit N°2: Meine Empfehlungen oder 'Wenn ich's nochmal zu tun hätte, was würde ich lassen, ändern oder wiederholen?'

    Die Erkenntnisse aus dieser Reise würden bei einer Neuplanung zu einer erheblich abweichenden Programmgestaltung führen:
  • Von den sieben Kirchenburgen, die das Siegel "Unseco-Weltkulturerbe" tragen, würde ich diese fünf ins Programm nehmen: Birthälm (Biertan), Dersch (Dârjiu), Deutsch-Weißkirch (Viscri), Keisd (Saschiz) und Tartlau (Prejmer)
  • Auf Kelling (Câlnic) und Wurmloch (Valea Viilor) würde ich verzichten.
  • Von den zwölf "unprämiierten" Kirchenburgen fielen (auch wegen der Unzugänglichkeit[*]) durch den Rost: Arbegen[*] (Agârbiciu), Deutsch-Kreuz[*] (Criţ), Meschendorf[*] (Meşendorf), Mühlbach (Sebeş), Pretai[*] (Brateiu), Reußmarkt[*] (Miercurea Sibiului) und Straßburg am Mieresch (Aiud)
  • Es verblieben diese fünf: Arkeden (Archita), Frauendorf (Axente Sever), Hamruden (Homorod), Honigberg (Hărman), und Malmkrog (Mălâncrav)


  • Der sinnvollste Ausgangsflughafen wäre für dieses Programm nicht mehr Klausenburg (Cluj Napoca) sondern Hermannstadt, das ebenfalls von deutschen Flughäfen angeflogen wird.

    Den Mietwagen würde ich wegen des umfassenderen Versicherungsschutzes (wie immer) über billiger-mietwagen.de anmieten und zwar einen Mittelklassewagen mit Komplettversicherung inkl. Glas- und Unterbodenversicherung.

    Bei der Auswahl der Übernachtungsorte würde ich mich am Angebot der Experience Transsylvania orientieren. Deren Programm enthält ausschließlich Gästehäuser in der Verantwortung der Mihai Eminescu Stiftung. Sollte ich doch wieder Übernachtungen in Hermannstadt, Schäßburg und Kronstadt in Erwägung ziehen, dann würde ich das Angebot von booking.com durchforsten und dabei auf Hotels in oder unmittelbar an der Fußgängerzone verzichten.

    So sähe das neue Programm aus:




    Was sonst noch berichtenswert ist

    Das Thema dieser Reise lautete "Die Kirchenburgen Siebenbürgens". Deshalb habe ich mich hierauf beschränkt und die übrigen Sehens- und Merkwürdigkeiten Transsylvaniens nur insoweit dargestellt, wie dies zum tieferen Verständnis der Reisethematik erforderlich gewesen ist.
    Nichtsdestoweniger sollen zumindest die Städte kurz erwähnt werden. Dafür, dass wir uns im tiefen Balkan befanden, begegneten uns Hermannstadt, Kronstadt, Weißenburg, Neumarkt und Schäßburg seltsam vertraut. Nun, eigentlich kein Wunder. Andererseits doch wieder. Bausubstanz, Kleinteiligkeit der fast unbeschädigten Innenstädte, städteplanerischen Prinzipien, Baustile, selbst Farbgebung der Fassaden: all das atmet deutsche und habsburgische Herkunft.


    Hermannstadt (Sibiu), am Morgen nach dem Rock-Konzert

    Schäßburg (Sighişoara), Königswinter der Karpaten

    Kronstadt (Braşov), Tag der Handwerkskunst

    Neumarkt (Tărgu Mureş), Jugendstilstadt

    Weissenburg (Alba Iulia), die Klassisch-Schöne

    Klausenburg (Cluj-Napoca), das heimliche Zentrum



    Unsere Reisepartner

  • Geflogen sind wir mit WizzAir von Dortmund nach Klausenburg (Cluj Napoca)
  • Übernachtet haben wir die 1. und letzte Nacht im (2016: ehemaligen) Hotel Central in Klausenburg, die 2. Nacht in Hermannstadt im Hotel Villa Weidner, die 3. und 4. Nacht in Schäßburg im Hotel Casa Georgius Krauss, die 5. Nacht in Kronstadt im Hotel Bella Muzica und die 6. Nacht in Sovata im Hotel Pacsirta
  • Der Mietwagen, ein Renault Fluence von "Enterprise Rent-a-Car", wurde reserviert über "billiger-mietwagen.de". Die Fahrstrecke betrug 1.015 km




  • Link-Auswahl zum Thema Siebenbürgen

    Alles über Kirchenburgen (d)
    Villages with Fortified Churches in Transylvania (e)
    Verbandsseite der Siebenbürger Sachsen (d)
    Siebenbürgen (Wikipedia) (d)
    Die Mihai Eminescu-Stiftung (e)
    Transylvanien-Reisen mit Kirchenburgen-Anteil (d)
    Die Evangelische Kirche in Rumänien (d)
    Stiftung Kirchenburgen (d)
    Hermannstädter Zeitung (d)
    Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (d)
    Deutsche Zeitung für Rumänien (d)
    Sighişoara | Schäßburg (d)
    Bed & Breakfast in Siebenbürgen (d)
    Siebenbürger Orte (d)
    Orte in Siebenbürgen mit Kirchenburg oder Wehrkirche (d)
    Reiseempfehlungen und Gästehäuser (d)
    790 Unterkünfte in Siebenbürgen (d)
    Die ungarische Region Harghita (e)
    Leitstelle Kirchenburgen Private Siebenbürgen-Videos auf YouTube


    Fußnoten

    [1] Prince Charles' Ur-Ur-Urgroßmutter, Gräfin Claudine Rhédey von Kis-Rhéde, stammte aus Siebenbürgen
    [2] Anhand zahlreicher Grundrisse werden hier die Sicherheitsprinzipien der Kirchenburganlagen dargestellt
    [3] Die Merkmale der zumeist romanischen "Wehrkirchen" sind die in die Außenmauern integrierten Schießscharten
    [4] s. auch 'Verkauf' von Juden an Israel
    [5] "Mit dem Beitritt zur Konvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen der Welterbestätten auf ihrem Hoheitsgebiet eigenständig zu finanzieren"
    [6] Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
    [7] Versuch einer Erklärung
    [8] Die FAZ bezeichnete zeitweilig so die weiblichen Angehörigen dieser Volksgruppe. Das Foto rechts ist der Website http://www.hausforscher.de entnommen. Das Foto links stammt aus einem YouTube-Video
    [9] z.B. Die sehr detaillierte Straßenkarte des ungarischen Verlages Dimap, zu beziehen über "Erdély 1:400.000". Die Karte zeigt alle Ortsnamen dreisprachig (rumänisch, deutsch, ungarisch), verweist mit besonderen Symbolen nicht nur auf "Kirchen" sondern unterscheidet zwischen römisch-katholischer, griechisch-katholischer, griechisch-orthodoxer, calvinistischer, unitarischer und lutheranischer Kirche und kennt Symbole für Kirchenburgen und Holzkirchen und Klöster.
    Aus dem Trescher Verlag "Siebenbürgen - Rund um Kronstadt, Schäßburg und Hermannstadt" vom Brigitta Gabriela Hannover Moser, 2. aktualisierte Auflage 2013, 390 Seiten, Taschenbuchformat.
    [10] Die Bilder sind entnommen dem rumänischen Onlinemagazin Dacicool [11] Nachdem im Frühjahr 2014 die letzte evangelisch-deutsche Familie aus Arkeden abgewandert ist, wurde die Pfarrstelle überflüssig. Der Pastor übernahm in einem 45 km entfernten Ort eine neue Gemeinde.

    Köln, im Oktober 2014
    © Friedrich J. Ortwein

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